Symptome & Therapie - Depression: Die seelische Erkrankung erkennen und behandeln
Lustlosigkeit und Antriebslosigkeit sind typische Symptome einer Depression. Wie Sie eine Depression erkennen und welche Therapie hilft, lesen Sie hier.
Aktuellen Daten des Robert Koch-Instituts zufolge ist die Depression die dritthäufigste psychische Störung, nach Angst- und Alkoholerkrankungen. Etwa acht Prozent der Erwachsenen in Deutschland haben eine Depression; 17 Prozent zeigen mindestens einmal im Lauf ihres Lebens Anzeichen der Erkrankung - quer durch alle Altersgruppen.
Die Zahl der Betroffenen wird in Zukunft wohl noch zunehmen: Ab dem Jahr 2030, so schätzt die Weltgesundheitsorganisation (WHO), wird die Depression das häufigste Leiden weltweit sein - noch vor Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes oder Krebs.
Die Heilungschancen sind gut, Medikamente und Psychotherapie wirken bei vielen Patienten. Jeder zweite erlebt nach einer Behandlung keine weitere depressive Episode. Doch noch bekommen längst nicht alle Betroffenen eine angemessene Therapie.
Was ist eine Depression?
Als klassische Symptome einer Depression gelten mangelnder Antrieb und fehlende Lebensfreude. Auch Schlafprobleme, starke Selbstzweifel und Grübelattacken können auf die seelische Erkrankung hinweisen. Nicht selten drückt sich das seelische Leid einer Depression in Form körperlicher Beschwerden aus. So verstecken sich Depressionen häufig hinter Diagnosen wie Rückenschmerz, Tinnitus oder Drehschwindel.
Männer kompensieren die negativen Gefühle oftmals mit Alkohol, sozialem Rückzug oder aggressivem Verhalten. Häufig treten Betroffene in Situationen geradezu feindselig auf, wirken unkontrolliert und neigen dazu, die Schuld an äußeren Umständen und bei anderen Personen zu suchen.
Symptome: Was sind Anzeichen einer Depression?
Zahlreiche Symptome können auf eine Depression hinweisen und sollten von einer Ärztin oder einem Therapeuten abgeklärt werden:
• niedergedrückte Stimmung über zwei Wochen und länger
• Verlust von Antrieb, Interesse und Fähigkeit, sich über Dinge zu freuen
• Appetitlosigkeit, Leistungsminderung, Schlafstörungen
• Neigung, bestehende Probleme und Krankheiten stärker und bedrohlicher wahrzunehmen
• Gereiztheit, Ärger, erhöhte Aggressivität (vor allem bei Männern)
• sozialer Rückzug und Lebensmüdigkeit
• Denken und Sprechen werden als "gebremst" oder "blockiert" wahrgenommen
• Konzentrations- und Gedächtnisstörungen, die Ähnlichkeiten mit einer Demenz aufweisen (depressive Pseudodemenz)
Die Deutsche Depressionshilfe bietet einen Selbsttest an, der hilft, die Situation besser einzuschätzen (siehe Links). Wirklich diagnostizieren kann die Erkrankung nur ein Facharzt oder Psychologe.
Therapie: Wie eine Depression behandeln?
Medikamente und die kognitive Verhaltenstherapie sind die beiden wichtigsten Säulen der Behandlung. Die Psychotherapie ist eine auf Wochen oder Monate angelegte Gesprächstherapie. In der Verhaltenstherapie geht es darum, Einstellungen zum Leben, das Verhalten des Patienten in bestimmten Situationen und den Umgang mit Problemen und Schwierigkeiten zu ändern.
Psychoanalyse und die tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie schaffen eine Verbindung zwischen aktuellen Reaktionen, Gefühlen und Erlebnissen mit Erfahrungen in Kindheit und Jugend. Auch Kurzzeitbehandlungen wie die Interpersonelle Therapie haben sich bei Depressionen als hilfreich erwiesen.
Wie wirken Antidepressiva?
Antidepressiva gleichen den Mangel an bestimmten Botenstoffen im Gehirn aus, der als Ursache für die typische Antriebslosigkeit depressiver Patienten und Patientinnen gilt. Zur Auswahl stehen verschiedene Klassen von Medikamenten:
• tri- und tetrazyklische Antidepressiva,
• Monoaminoxidase-Inhibitoren
• selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRI).
Problematisch ist, dass Ärzte nicht vorhersagen können, ob eine Paatientin oder ein Patient auf ein bestimmtes Mittel anspricht. Teilweise dauert es einige Wochen, bis die Medikamente wirken. Das kann teilweise ziemlich frustrierend sein und führt dazu, dass Betroffene mitunter ihre Medikation vorzeitig beenden.
Doch auch wenn es mit der medikamentösen Therapie nicht auf Anhieb klappt - dranbleiben lohnt sich. Schlägt die Behandlung an, bessern sich nicht nur Niedergeschlagenheit und gedrückte Stimmung, sondern oft auch andere, körperliche Symptome.
Weitere Verfahren und Behandlungsansätze bei einer Depression
Mittlerweile kennen Ärzte und Therapeutinnen viele weitere Therapiemöglichkeiten bei Depression. Jede Depression ist anders. Daher lohnt es sich auch nach einer jahrelangen Behandlung immer wieder neue Therapien auszuprobieren.
Einige Patienten profitieren beispielsweise von der Lichttherapie. Sie verhindert, dass das Gehirn das Schlafhormon Melatonin produziert. Das Hormon scheint eine depressionsfördernde Wirkung zu haben. Auch Schlafentzug ist eine etablierte Behandlungsform der Depression, die viele Kliniken anbieten: Die Patienten bleiben eine ganze Nacht oder die zweite Nachthälfte wach und sollen auch den nächsten Tag über nicht schlafen. Die Wachtherapie verhindert vor allem die frühmorgendlichen Grübeleien.
Als wirksam hat sich auch Bewegung und körperliche Aktivität erwiesen, insbesondere an der frischen Luft. Bewegung macht müde und wirkt der hohen Wachheit bei Depressiven entgegen.
Was tun, wenn ich so schnell keinen Therapieplatz bekomme?
Jeder, der das Gefühl hat, er könnte unter Depressionen leiden, sollte sich sofort zum Hausarzt, Psychiaterin oder Psychotherapeuten aufmachen und das prüfen lassen. Die Therapeutinnen und Kliniken haben auch in der Corona-Krise Kapazitäten.
Auf der Suche nach Hilfe nutzen gerade in der Pandemie aber auch immer mehr Menschen das Internet. Online-Therapie von Psychotherapeuten und standardisierte Online-Programme werden neben der klassischen Psychotherapie immer wichtiger. Quasi nebenbei hat die Pandemie dazu geführt, dass telemedizinische Angebote und Video-Sprechstunden ausgebaut wurden.
Einer Umfrage der Bundespsychotherapeutenkammer zufolge haben mittlerweile neun von zehn Therapeutinnen Erfahrungen mit Online-Therapie. Deren Wirksamkeit ist bei vielen Indikationen, einschließlich der Depression, genauso gut wie eine Face-to-Face-Therapie. Die Kassen übernehmen die Online-Sprechstunden, wenn Therapeutinnen und Theraapeuten einen Kassensitz haben oder auf Antrag nach dem Kostenerstattungsverfahren.
Wer vor Ort keinen Therapeuten findet, kann über spezielle Apps und Plattformen wie Minddoc suchen, die Therapeuten bundesweit vermittelt. Behandlungsschwerpunkte bei Minddoc sind Depressionen, Essstörungen, Tinnitus sowie Angst- und Zwangserkrankungen. Die Therapie erfolgt über eine verschlüsselte Therapieplattform. Die Patientinnen und Patienten profitieren von deutlich kürzeren Wartezeiten, dem einfacheren Zugang zu Spezialisten und dem Ausgleich des Stadt-Land-Gefälles in der Versorgung.
Eine App ergänzt das Angebot: Hier können Patientinnen beispielsweise ihre Befindlichkeiten festhalten, Entspannungsübungen ausprobieren oder den Therapeuten außerhalb der Therapie kontaktieren.
Selbsthilfe bei Depression: Wie sinnvoll sind Online-Selbsthilfe-Programme?
Um die Wartezeit auf einen Therapieplatz zu überbrücken bieten vor allem Krankenkassen Online-Selbsthilfe-Programme an. Depressionscoach heißt das Programm bei der Techniker Krankenkasse, HelloBetter bei der Barmer Ersatzkasse oder Moodgym bei der AOK.
Für die Versicherten der jeweiligen Kasse sind die Programme kostenlos. Die Teilnehmer erhalten in einem modular aufgebauten Programm Erklärungen, Motivation und Übungen. Die Barmer Ersatzkasse bietet mit HelloBetter ein Online-Training an, das nachweislich Depressionen verhindern kann. Das Programm ist ein Mix aus Informationen über die Krankheit, Übungen zum Umgang mit negativen Gedanken und dem Austausch mit einem Psychologen per E-Mail. Teilnehmer schliefen besser, kamen besser mit Grübelzwängen zurecht, konnten Gedanken stoppen und ihren Alltag besser bewältigen.
Auch beim Online-Tool der Stiftung Deutsche Depressionshilfe iFight Depression gehört eine professionelle Begleitung dazu: Das Programm kann nur durch eine Ärztin oder einen Therapeuten initiiert werden.
Für schwere Depressionen sind die meisten Selbsthilfe-Angebote nicht gedacht. Weder ersetzen sie Diagnose noch Behandlung durch den Facharzt oder die Psychotherapeutin.
Text: Constanze Löffler